Was haben Energieeffizienz und Dekarbonisierung mit lebensrettenden Medikamenten zu tun? Marvin Hohwieler gibt Einblicke in seine spannende Arbeit als Senior Manager Energy and Projects bei Fresenius Kabi. Im Interview berichtet er, wie er dabei hilft, den Konzern klimaneutral zu machen, ohne dabei den Fokus auf die Patientinnen und Patienten zu verlieren.
Auf meiner Visitenkarte steht Global EHS Manager – EHS steht für Environmental Health and Safety. Ich bin seit 2022 auf Entsendung in den USA und mit meinem Team für die Erreichung der globalen Klimaziele unserer Werke in den Americas verantwortlich. Außerdem begleiten wir die Produktionsstätten bei der Einführung von ISO-Standards für Arbeitsschutz, Umweltschutz und ähnliches. Organisatorisch sind wir bei den Advanced Manufacturing Operations (AMO) – aufgehängt.
Parallel leite ich das Global Competence Cluster for Energy and Water Management bei Fresenius Kabi. Hier werden lokal Ideen zum Sparen von Energie, Wasser und Abfall eingereicht, global bewertet und ausgewählt, und die Gewinnerprojekte werden umgesetzt.
Bei EHS begleiten wir immer zu zweit jeweils fünf Werke weltweit, wobei mein Schwerpunkt auf den Americas liegt. Wir entwickeln Ideen, erstellen Roadmaps zur Dekarbonisierung und setzen konkrete Projekte um – von Solaranlagen bis zu Energieeffizienzmaßnahmen. Dazu besuchen wir die Werke, suchen Anbieter, die dabei unterstützen und versuchen generell, neue Technologien zu scouten. Es ist spannend, weil wir wirklich etwas bewegen können.
Das Global Competence Cluster (GCC) hingegen ist sozusagen mein „Hobby-Projekt“, das ich seit 2019 leite. Alle zwei Jahre veranstalten wir einen Ideenwettbewerb, bei dem Mitarbeitende aus dem ganzen Konzern ihre Ideen zur Energieeffizienz einreichen können. Die besten Ideen werden dann tatsächlich umgesetzt.
Am besten finde ich die Detektivarbeit und das ständige Hinterfragen des Status quo. Da die Werke so unterschiedlich sind, gibt es kaum Standards. Wenn ich in ein Werk komme, versuche ich zu verstehen, wie alles funktioniert und wo wir effizienter werden können. Oft reicht es schon, zu fragen: „Warum ist der Druck hier auf 12 bar eingestellt, während er woanders bei 8 bar liegt?“ Diese Fragen stoßen Denkprozesse an. Außerdem liebe ich die Vielfalt: von der Planung einer Solaranlage in Melrose Park über die Optimierung von Boilern in Grand Island bis hin zur Entwicklung globaler Strategien – kein Tag ist wie der andere. Und am Ende sehe ich konkrete Ergebnisse unserer Arbeit, was sehr befriedigend ist. Da das auch meistens Kosteneinsparungen mit sich bringt, ist unsere Arbeit gern gesehen, da sie meist recht schnell einen Return on Invest erzeugt.
Wir haben hier im Team eine gute Mischung aus Professionalität und Humor. Wir verstehen uns nicht nur beruflich gut, sondern unternehmen auch privat gern mal etwas zusammen. Zu uns passen Menschen mit Eigeninitiative, die eigenständig arbeiten können und wollen, kurz: die etwas bewegen möchten. Ein Ingenieur-Background ist hilfreich, aber nicht zwingend notwendig. Wichtiger ist die Bereitschaft, Dinge in Frage zu stellen und über den Tellerrand zu schauen. Wir brauchen Leute, die Lust haben, Dinge zu verändern und zu verbessern, auch wenn sie dabei - metaphorisch gesprochen - mal auf eine Mine treten oder sich eine blutige Nase holen können.
Nach der Schule haben mich drei Themen besonders interessiert: Politik, Geschichte und Energie. Bei Politik und Geschichte war ich nicht so sicher, was ich damit konkret machen sollte, also habe ich mich dann für ein Studium der Energie- und Verfahrenstechnik entschieden. Schon währenddessen habe ich mich auf erneuerbare Energien und Energieeffizienz konzentriert. Danach habe ich zunächst bei einem spezialisierten Beratungsunternehmen viele verschiedene Unternehmen in Sachen Energieeffizienz beraten. Im Anschluss war ich bei einem Verband im Projekt „Klimaprofi für den Mittelstand“ tätig. Das war sehr lehrreich, aber irgendwann wollte ich mehr als nur Probleme aufzeigen – ich wollte sie lieber lösen. Bei Fresenius sah ich dann die Chance, Energieeffizienz in einem Weltkonzern voranzutreiben. Ich startete 2018 als Global EHS Manager mit Fokus auf die ISO 50001 und bin seitdem in verschiedenen Rollen im Unternehmen gewachsen.
Bei Fresenius kannst du wirklich etwas bewegen und einen echten Unterschied im Leben von Menschen machen. Der Sinn unserer Arbeit ist gut greifbar. Außerdem schätze ich die Freiheit und das Vertrauen, das mir hier entgegengebracht wird. Ich arbeite gern autonom, und meine Vorgesetzten lassen mir viel Spielraum, geben mir aber immer Rückendeckung – das ist unglaublich wertvoll. Die internationale Erfahrung hier in den USA gefällt mir natürlich auch total gut.
Typische Arbeitstage sind meist stark von E-Mails und Meetings geprägt. Es kommen ständig Anfragen für Projekte, von Lieferanten oder vom Management rein. Wir müssen Präsentationen anpassen, an Budgetplänen arbeiten und unsere Dekarbonisierungsstrategie vorantreiben. Dazu stimmen wir uns eng mit den Werken und unserem Team ab, um die verschiedenen Projekte zu koordinieren. Untypischere Tage beinhalten Besuche von Konferenzen oder Messen, um auf dem aktuellen Stand der Technik zu bleiben und neue potenzielle Partner kennenzulernen. Oder wir sind an einem Standort für Begehungen, Präsentationen oder Audits. Aktuell übernehmen wir auch viel lokales Projektmanagement, da die Standorte viele verschiedene Prioritäten haben. So plane ich zum Beispiel gerade eine große Solaranlage für ein Werk in Melrose Park.
Einerseits leiste ich einen Beitrag zum Klimaschutz und reduziere Emissionen. Gleichzeitig trage ich indirekt dazu bei, dass essenzielle Medikamente effizienter produziert werden. Das wurde mir erst kürzlich wieder bewusst, als eine Freundin von mir mit ihrer neugeborenen Tochter ins Krankenhaus musste und dort unsere Medikamente bekam. Solche Momente machen mir bewusst, dass wir nicht nur an Energieeffizienz arbeiten, sondern auch Leben retten. Was mich beim Ideenwettbewerb besonders freut, ist zu sehen, wie stolz die Kolleginnen und Kollegen sind, wenn ihre Ideen von der Geschäftsleitung wahrgenommen und umgesetzt werden. Es ist eine tolle Möglichkeit für Mitarbeitende aller Ebenen, einen Beitrag zu leisten und Anerkennung zu erfahren.
Danke für das Interview Marvin!