Smarte Technik für Lebensverlängerung
Wie kann eine digitale Lösung das Leben eines Dialysepatienten erleichtern, ja sogar verlängern? Wie lassen sich solche innovativen Technologien in einen profitablen Business-Kontext packen? Dies sind nur einige der Fragen, die Dr. Matthias Kuss, CEO von Fresenius Medical Care Data Solutions, beschäftigen. Im Interview verrät er uns, wie er und sein Team solche Herausforderungen angehen und was ihn an seiner Tätigkeit fasziniert.

„Was wir tun, rettet jeden Tag Leben. Denn wenn unsere Lösungen effektiver arbeiten, leben die Menschen länger. Das macht den Umgang mit neuesten Technologien und einem breiten Datenschatz extrem spannend.“
Sie leiten die Abteilung Fresenius Medical Care Data Solutions. Womit beschäftigt sich Ihr Team?
Wir entwickeln neue Lösungen rund um Smart Machines oder vielmehr Smart Solutions: Das sind Maschinen, die nicht nur behandeln, sondern Daten und Zustände analysieren, Lösungen vorschlagen, sich selbst konfigurieren etc. Im Prinzip geht es darum, bei der Patientenbehandlung Einblicke zu gewinnen – in Daten von Maschinen, Patientinnen und Patienten und von ganzen Produktionsprozessen. Diese Daten nutzen wir so, dass wir die Behandlung immer weiter verbessern können.
Wie sieht Ihre Arbeit konkret aus? An welchen Projekten arbeiten Sie derzeit?
Eines unserer aktuellen Themen ist Machine Monitoring. Das Prinzip: Anhand von Vibrationen können wir schneller als mit herkömmlichen Technologien Fehlerquellen in einem bestimmten Bauteil bei der Dialyse, z. B. einem Cycler, identifizieren..
Wir arbeiten weiter an der Reduktion überflüssiger Alarme – ein Vorteil für die behandelten Menschen und das medizinische Personal. Weniger Fehlalarme bedeuten nicht nur eine leisere Arbeitsumgebung, sondern auch weniger Unterbrechungen in der Arbeit der Pflegekräfte, die dadurch die verbleibenden Alarme signifikant schneller beheben können. Bei einem Unternehmen mit über 2500 Kliniken in den USA spart dies enorme Kosten.
Ein weiteres Projekt ist die Verbindung von E-Stethoskop und künstlicher Intelligenz, um Verstopfungen der Blutgefäße frühzeitig zu erkennen. Das erleichtert dem Krankenhauspersonal die Abläufe und erhöht die Sicherheit. Dies sind nur einige unserer Projekte. Wir haben derzeit einen Backlog von ca. 50 Ideen, und es werden immer mehr.
Welchen Background haben Sie?
Ich bin Physiker und habe in Kaiserlautern, Freiburg und Australien studiert. Meine Diplomarbeit habe ich bei Carl Zeiss SMT geschrieben und den PHD an der ETH in Zürich, im Bereich Technologiemanagement und Nachhaltigkeit gemacht. Unter anderem habe ich als Director für Digital Business Solutions bei Carl Zeiss gearbeitet, war Projektleiter bei der Boston Consulting Group und habe das Health Innovation Center bei der Allianz geleitet. Darüber hinaus habe ich ein Startup für Telemedizin- und Videoberatungslösungen mitgegründet, das ich auch heute neben meiner Arbeit bei Fresenius noch leite.
Was macht die Arbeit bei Fresenius spannend?
Mit allem, was wir tun, schenken wir Lebenszeit. Denn wenn unsere Geräte und Prozesse besser funktionieren, verlängern wir dadurch das Leben der Patienten. Wenn wir Maschinen günstiger fertigen können, sind wir in der Lage, einer größeren Zahl von Patienten weltweit zu helfen. Der Bedarf ist riesig: Es gab noch nie so viele Menschen, die eine Dialyse brauchen.
Außerdem ist Fresenius Medical Care als Arbeitgeber extrem spannend. Es gibt kaum einen Konzern, der so global aufgestellt ist, geographisch wie inhaltlich. Denn das Unternehmen ist kein reiner Medical Provider. Welcher Medizinkonzern kann schon auf eigene Krankenhäuser, Apotheken und eine eigene Versicherung zurückgreifen? Diese Tiefe und Breite bietet enorme Möglichen, die Behandlung von Patienten zu beeinflussen.
Was finden Sie an Ihrem Job besonders reizvoll?
In unserem Data Solutions Team haben wir die Freiheit eines Startups und den Rückhalt eines großen Konzerns. So können wir auf einen riesigen Wissensschatz zugreifen. Faszinierend ist auch die Tatsache, dass wir mit neuesten Technologien arbeiten, etwa mit Methoden der künstlichen Intelligenz wie Convolutional Neuronal Networks oder Machine Learning. Außerdem ist unsere Abteilung noch ziemlich jung, das gibt uns Spielraum, richtig viel zu bewegen.
Ebenfalls spannend ist, dass wir mit unserer Arbeit den kompletten Prozess begleiten. Ein Beispiel: Wir sind im Krankenhaus und die Dialysegeräte liefern uns Daten. Diese werten wir aus, um die Behandlung zu verbessern. Auf dieser Basis überlegen wir, an welchen Stellschrauben wir drehen können, welche weiteren Daten wir brauchen, welche Informationen wir an die Maschinen zurückspielen etc. Denn wir wollen immer die Ergebnisse noch präziser und die Behandlung noch besser machen. Wir können nicht nur beraten, wie die Maschinen besser eingestellt werden können, sondern auch dazu beitragen eine neue Maschinengeneration zu entwickeln, die noch genauere Resultate liefert.
Welche persönlichen Eigenschaften kommen Ihnen bei Ihren Aufgaben zugute?
Ich finde die strategische Seite ebenso interessant wie die technische, das zeigt auch mein Werdegang. Eine Frage, die mich immer umgetrieben hat: Wie schaffe ich eine Umgebung und Rahmenbedingungen, damit möglichst viele von der Technologie profitieren können? Dadurch fällt es mir auch leichter, bei allen Beteiligten für gemeinsames Verständnis zu sorgen. Auch schadet es nicht, dass ich viele Ereignisse sportlich nehme. Ich betrachte Rückschläge nicht als Ursache für Frustration, sondern als Teil des Spiels. Für mich sind sie also eher ein Ansporn.
Worauf sind Sie stolz?
Es ist schön zu wissen, dass – ganz gleich, was wir tun und verbessern – jede Aktivität den Patientinnen und Patienten hilft. Und das jeden Tag.